Auf die Straße zum Klimastreik im langen Schatten der EU

Mit Amtsantritt ihrer EU-Kommissionspräsidentschaft im Juli 2019 verkündete Ursula von der Leyen großspurig, ab nun werde die EU in der internationalen Klimapolitik die Führung übernehmen – was freilich schon seinerzeit eine bloße Augenauswischerei für Milliarden-Investitionen in einen angeblichen „grünen Kapitalismus“ war. Ankündigungen die im Windschatten der neuen Blockkonfrontationen um die Aufrechterhaltung der globalen transatlantischen Vormachtstellung, multiplen Krisen des Systems und der neuen „Periode der Weltkriege“ – mit ihren vielfältigen „klein(er)en“ und großen „kalten“ und „heißen“ Kriegen als Ausdruck und Glieder der imperialistischen Weltkriegsperiode (Rosa Luxemburg)zur Makulatur verglüht sind.

Kundgebung #ClimateJusticeNow


Freitag, 19.4., 17:00, Platz der Menschenrechte, Wien

Drastisch zeigen das etwa die milliardenschweren Investitionen in neue Pipelines, Frackinggas-Spezialterminals, überhaupt die Wende hin zum ebenso extrem umweltverschmutzend gewonnenen wie teureren Flüssiggas (allen voran) aus den USA, der partielle Renaissance der Kohleverstromung mit noch hinzukommend aus Australien herangeschipperter Kohle, oder der (Taxonomie-)Persilschein für die Atomenergie als „nachhaltige Energiequelle“. Und auch der von Ursula von der Leyen unter dem Öko-Label als Europastrategie angekündigte „Green New Deal“ steht bis auf die ‚ehrgeizigen‘ Industrieförderungen (als wirtschaftlicher Subventionswettlauf mit den USA) vor dem Kollaps. Auch wenn es freilich nicht an weiteren hochtrabenden Erklärungen und nominellen Beschlüssenmangelt. Etwa bis 2050 als erster Kontinent klimaneutral zu werden. Aber das steht bislang ebenso nur am Papier, wie eine Umsteuerung in den Sternen. Lediglich die ‚soziale Komponente‘ des „Grean Deal“ ist in Brüssel schon mal gekippt.

Entsprechend zurückhaltender ist es denn auch um die volltönig hinausposaunte „europäische Vorreiterrolle“ geworden, von Österreich, dass es selbst unter Grüner Regierungsbeteiligung zu keinem „Klimaschutzgesetz“ bringt, ganz zu schweigen. Außer hinsichtlich der Profitaussichten unter grünem Schleifchen. Denn „diejenigen, die die Technologie entwickeln und herstellen, die das Fundament der Wirtschaft von morgen bilden, werden den größten Wettbewerbsvorteil haben“, so die markige Brüsseler Führungsfigur. Mit einem global bewerkstelligbaren Umbau der weltweiten Produktions- und Konsumtionsweise indes hat das nicht nur so überhaupt nichts zu tun, sondern wirft einem solchen Entwicklungspfad vielmehr den Fehdehandschuh ins Gesicht.

Dem korrelierend herrschen auch zum in Dubai auf der letztjährigen COP 28 endlich auf den Weg gebrachten globalen Kompensationsfonds für Verluste und Schäden (Loss and Damage Fonds) bislang nur Lippenbekenntnisse, behübscht um einige Brosamen für die Public Relations, vor. Das Ergebnis der mit viel Trara angekündigten „Vorreiterrolle“ der EU „beim Übergang zu einem gesunden Planeten“ ist denn auch ein weiteres Lehrstück realer kapitalistischer Klimapolitik. Zu alledem schrauben die NATO- und großen EU-Länder aktuell auch noch ihre klimarelevanten Investitionen zugunsten ihrer Militärausgaben zurück. Dabei befeuern Hochrüstung, Großmanöver und Krieg – wie wir schon unlängst im Detail nachgezeichnet haben – den Klimawandel nicht nur zusätzlich, sondern steuert das neue globale Wettrüsten und die ausgerufene neue Blockkonfrontation um den „Sieg im 21. Jahrhundert“ (Joe Biden) die Welt vielmehr direkt in den ökologischen Abgrund.

Nicht zuletzt unterminiert der neue, bisweilen auch schon heiß gelaufene, „Kalte Krieg“ mit seiner neuen Aufspaltung des Globus, seinen Wirtschaftskriegen und Sanktionsgefechten, die nötigen globalen Kooperationen für die nur global zu meisternde Klimakrise und Umweltkatastrophe. Der parallel drohende weitere Aufstieg der auch dahingehend rechten Fieberträumen und namentlich den Wahnvorstellungen einer „Klimaverschwörung“ verschriebenen Kräfte und KlimaleugnerInnen „rechts-außen“, schürt die eskalierende Klimakrise noch zusätzlich.  

Vor diesem Hintergrund findet diesen Freitag (um 17.00 – 19.00 Uhr, Platz der Menschenrechte, 1070) unter #ClimateJusticeNow die Auftaktkundgebung der Klimabewegung im Kontext der bevorstehenden EU-Wahlen statt. Die Bedingungen haben sich seit dem ersten Klimastreik vor ebenfalls 5 Jahren indes nochmals drastisch verändert.Traten Fridays for Future und weitere neue Klimaakteure damals und im Gefolge an, um das Pariser 1,5°-Ziel noch zu erreichen, so überschreiten wir heute sämtlichen Projektionen zufolge das Pariser Klimaziel wohl schon in ein paar Jahren, sehr wahrscheinlich noch vor 2030. 2023 hat die globale Durchschnittstemperatur mit erstmals ganzjährig an Schwelle von 1,5° C über dem vorindustriellen Niveau gerissen. Eine Reihe Kipppunkte des Klimasystems sind mittlerweile bereits gekippt bzw. stehen an der Kippe oder wanken schon.

Umso brisanter und dringender unser Naturverhältnisse in vernünftiger gesellschaftlicher Entwicklung wieder ins Lot zu bringen; bzw. akut um jedes Zehntelgrad zu kämpfen, den Stopp und die Umkehr noch reversibler Prozesse sofort in Angriff zu nehmen und bereits irreversible Entwicklungen noch weitest möglich einzudämmen – und die sozial-ökologische Doppel- bzw. Zangenkrise und Misere der Lage der Welt zu überwinden.

Auch auf die Gefahr hin damit abschließend „nur“ einen sich mittlerweile als Einsicht verallgemeinernde Fußpunkt in Erinnerung zu rufen: So wichtig und unumgänglich daher jeder nur mögliche Beitrag zur Klimarettung ist (und wir können nicht warten!), der Kampf gegen die Klimaumbruch und die Umweltkatastrophe ist auf das Engste mit dem Klassenkonflikt der bürgerlichen Gesellschaft, der Verschiebung der Klassenkräfteverhältnisse, einem unaufkündbaren Gleichgewicht von Ökologie und Sozialem, sowie einer Renaissance der Entspannungs- und Friedenspolitik verbunden. Mehr noch: Die Welt und Menschheit zu retten heißt daher nicht weniger, als den EU- und Globalkapitalismus mit seiner Profitlogik, seinem Raubbau an der Natur tiefgreifend umzuwälzen und deren umwelt-zerstörerischen Systemeigenschaften als tiefste Ursache der Klimakrise zu überwinden. Bis hinein in die Fragen der gesellschaftlichen Entscheidung und Verfügung über unsere Lebensbedingungen, die Produktions- und Investitionspolitik, sowie der gesamten Produktionsweise.

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