Allianz für Millionärssteuern – Streusand im Getriebe?

Der Reichtum des globalen wie österreichischen Besitz- und Geldadels schießt ungebrochen durch die Decke, während die Löhne und Gehälter immer weiter hinterherhinken und massive Sparpakete im Raum stehen. In Österreich herrscht dazu noch, wie jüngste Daten der EZB zur Vermögensverteilung abermals zeigen, eine sogar im Eurozonen-Vergleich extrem ungleiche Reichtumsverteilung. Entsprechend trat gestern zu den bevorstehenden NR-Wahlen auch die Allianz aus Gewerkschaft, AK und NGOs für Millionärssteuern nochmals nachdrücklich an die Öffentlichkeit. So richtig indessen die Forderung nach höheren vermögensbezogenen bzw. der Wiedereinführung einer expliziten Vermögenssteuer ist, bleiben doch zwei Mankos der Initiative zu konstatieren: ihre fehlende Kampfperspektive und Defizienzen zahlreicher Modelle.

So besitzt das reichste Prozent in Österreich unfassbare 40% des Vermögens. Ja, fokussierte man den Blick nochmals zugespitzter auf das oberste Promille (0,1%) und dessen aufgeschatztes Vermögen, fiele die Vermögensverteilung noch konzentrierter aus. Entsprechend titelte vor wenigen Jahren selbst der Economist „Vergesst die 1%“, um den Blick auf jene extreme Minderheit des Vermögens-Adels von lediglich (maximal) einigen Promillen frei zu legen, die nicht nur den weiteren Rest, sondern selbst noch die Otto-Normal-Millionäre und gemeine Vermögens-Aristokratie immer weiter abhängt. Und diese Vermögen mit ihren Besitz-, Aktien- und Beteiligungsvermögen verkörpern über die Verteilungsverhältnisse hinaus auch privilegierte Zugänge zum Staat, einen prägenden politischen Machteinfluss und gesellschaftliche Erpressungspotentiale (Stichworte: „too big to fail“, „opting out“, …), sowie als bestimmende Kapitalmachtkonzentration die entscheidenden Steuerungszentralen des österreichischen Kapitals und bestimmen dergestalt die gesellschaftliche Machtverteilung.

Hinsichtlich vermögensbezogener Steuern markiert Österreich als Steuerparadies für Reich und Superreiche indessen sogar im OECD-Vergleich eines der Schlusslichter der darin zusammengefassten 38 entwickelten Industrieländer. Ja, im Unterschied zu den meisten anderen OECD-Staaten gibt es neben den läppischen vermögensbezogenen Steuern im Land seit deren Abschaffung 1993 in der sozialdemokratischen Ära Vranitzky auch keine klassische Vermögenssteuer mehr. 2008 wurde dann auch noch die Erbschaftssteuer eingemottet – die entgegen der grassierenden Propaganda schon in ihrer seinerzeitigen Form mitnichten den viel herbeizitierten „Mittelstand“ traf. So entfiel knapp die Hälfte des Aufkommens der Erbschafts- und Schenkungssteuer bei ihrer letzten Einhebung auf gerade einmal 1,3% der Erbfälle. Dergestalt standen im Jahr 2006 denn auch ledigliche 811 Erben für annähernd 50% des Steueraufkommens (bei einer damaligen Gesamtzahl von 62.399 Erben).

Entsprechend stammen im Land aktuell bloß noch läppische 1,5% des Steueraufkommens aus vermögensbezogenen Steuern, womit Österreich – wie herausgestellt – selbst weit unter dem OECD-Durchschnitt von 5,6% liegt. Liegen die vermögensbezogenen Steuern im OECD-Schnitt damit in anderen Worten annähernd 4-mal so hoch wie in Österreich, so etwa in den USA gar 8-mal so hoch.

Umso dringender braucht es denn auch in der Tat höhere vermögensbezogene Steuern und einer expliziten, wenn auch nicht in alter Ausprägung (neben ihren Mankos zudem proportional gestalteten), Vermögenssteuer. Und zwar als entsprechend progressiv gestaltete, echten Vermögens- oder Millionärs- und Milliardärssteuer.

Eine solche erfordert allerdings, anstatt sich wie in zahlreichen Vermögenssteuermodellen bereits bei einigen Millionen auf einen Micky Maus Höchststeuersatz einzuschleifen (etwa dem GPA-Modell mit einem Höchstsatz von 1,5% ab 3 Millionen), entlang des wahren Superreichtums progressiv fort zu verlaufen und diesen substanziell zur Kasse heranzuziehen.

Die zahlreichen in Debatte stehenden, moderaten (Höchst-)Sätze bedeuten darüber hinaus zugleich, lediglich eine gewisse Einbremsung der Vermögenszuwächse zu erwirken. Derartige, leichthin aus den Erträgen zahlbare Vermögenssteuersätze, vermögen das weitere Vermögenswachstum zwar etwas abzubremsen und damit die groteske Schieflage des Steuersystems etwas auszutarieren bzw. zusätzliche erforderliche Budgetmittel zu lukrieren; eine explizite Korrektur und gesellschaftliche Umverteilung bedürfte – bei einem weit darüber liegenden Vermögenszuwachs der Hochsituierten und Reichen – allerdings sowohl ganz anders angesetzter Steuersätze als auch des Bekenntnisses einer Besteuerung von Vermögenssubstanz der privaten Haushalte (nicht aber der Substanz der Betriebsvermögen).

Gleichzeitig und insbesondere aber entscheidet sich der Kampf um eine Erhöhung des Steueraufkommens aus vermögensbezogenen Steuern auf zumindest OECD-Niveau (oder von aktuell rd. 3 Milliarden Euro auf 10 Milliarden) – wie von der „Allianz für einen fairen Beitrag der Reichsten“ gefordert – bzw. der Einführung einer progressiv gestalteten, echten Vermögenssteuer letztlich an den gesellschaftlichen (Klassen-)Kräfteverhältnissen, Kampfformen und dem realen Druck von unten. Die bloße Forderung an „alle Parteien“ und die „nächste Regierung“ nach „höheren und progressiven vermögensbezogenen Steuern“, so unabdingbar und begrüßenswert die Forderung ihrem Gehalt nach ist, wird an der Steuerstruktur noch nichts ändern. Denn so wenige der Schwanz mit dem Hund zu wackeln vermag, rüttelt die Ausrufung des steuerpolitischen Notstands und bloße Forderung nicht an den gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen und dem politischen Spiel der Kräfte. Nun gilt es den Stein noch ins Rollen zu bringen.

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